Pott 2 Föhr – ein Bikepacking Trip ans Meer

Auf Bikepacking-Tour mit unserem Marketing-Chef Thorben und seinem Vater.

Mit der Rente und der aufkommenden Angst vor zu wenig Projekten äußerte Thorbens Vater den Wunsch, mal mit dem Rad von zuhause bis zur Ferienwohnung nach Föhr zu fahren. Zunächst war der Gedanke, ein oder zwei Freunde dazu zu motivieren doch die Idee nahm nicht wirklich Fahrt auf – bis es im Oktober 2020 endlich soweit war.

Irgendwann bei einem gemeinsamen Abendessen sagte ich, dass ich auch gerne mit ihm fahre. Nach einer weiteren Bekräftigung dieser Aussage fassten wir den Entschluss, das Projekt in Angriff zu nehmen. Mein Vater startete ab diesem Zeitpunkt damit sein E-Bike in Schuss zu bringen und von nun an regelmäßig Ausfahrten zu machen. Schnell traten die ersten Punkte auf, die in Sachen Bekleidung oder sonstiger Technik noch verbessert werden mussten. Gemeinsam fassten wir irgendwann eine Woche im Oktober ins Auge, die bei uns beiden gut in den Terminkalender passte und ein paar anschließende Tage Urlaub ebenfalls ermöglichte. Bei der Routenplanung griffen wir auf Komoot zurück, die einfachste und direkte Route waren ca. 550km, sodass wir uns ausrechneten realistisch mit fünf Etappen zu planen. In den darauffolgenden Wochen verfeinerten wir die Strecke, nahmen noch ein paar Highlights mit in die Route auf oder zogen die ein oder andere Nebenstrecke am Fluss der Hauptstraße vor. Am Ende kamen wir auf knapp 650km und insgesamt 6 Etappen.

Beim Thema Material war von Anfang an klar, dass mein Dad mit seinem E-Bike fahren wird und dies mit den Ortlieb Taschen bestückt, die er vom letzten Trip vor 15 Jahren noch auf dem Dachboden hatte. Für mich selbst war bis zwei Wochen vor Abfahrt noch nicht ganz klar, mit welchem Bike ich fahren würde. Mein Rondo RUUT wäre sicher die einfachste Lösung gewesen. Kurzfristig hatte ich noch die Idee auf ein Test Bike Creme La Ruta zurückzugreifen da es mit Licht, Gepäckträger und 2x Antrieb eigentlich das ideale Reise-Rad für unser Vorhaben gewesen wäre. Am Ende entschied ich mich aber dafür, mein Rondo HVRT Rennrad auf 650B Laufräder umzubauen und mit einem Bikepacking-Setup zu versehen. Ich hatte bereits viel über diese Kombi gehört und wollte nun im Eigenversuch mal ausprobieren, ob sich das HVRT, das auf dem Papier tatsächlich ein richtig sportliches Rennrad ist, sich mit einem anderen Laufradsatz soweit verwandeln lassen würde, dass es zum Bikepacking-Einsatz auf Radwegen alle Art zu gebrauchen wäre. Das restliche Setup bestand aus den Birzman Packman Taschen. Da im Oktober das Wetter bereits etwas kühler ist und auch mit Regen zu rechnen war, hatten wir relativ viele Klamotten dabei, sodass wir durchaus auch den ein oder anderen Regentag überstanden hätten.


 Rondo HVRT mit 650 Laufrädern
SPANK Wing Vibrocore Lenker

Taschen: 
Satteltasche: Packman Saddle Pack
Lenkertasche: Packman Handlebar Bag
Rahmentasche: Packman Travel Frame Pack – Planet
Lenkerrolle: Benu Bag

Bekleidung:
HJC Valeco Helm
100% Speedcraft mit Photochromic Gläsern
100% Hydromatic Brisker Handschuhe
Leatt 5.0 Jacke


Tag 1: Herdecke > Beverland

Die erste Etappe ging von zuhause – Herdecke an der Ruhr – in Richtung Münsterland: 127km, zunächst entlang an der Stadtgrenze von Dortmund am Phoenix See vorbei, entlang am Kanal über Hamm und dann raus ins Münsterland. Besonders schön war hier ein Abschnitt, der sich entlang der Werse schlängelte. Sicher auch ein beliebtes Ausflugsziel am Wochenende, doch da wir montags starteten war hier kaum was los. Übernachtet wurde in Bevern. Für meinen Vater waren die 127km wohl die bisher längste Tour, doch da wir uns Zeit nahmen und ein entspanntes Tempo fuhren, war das kein Problem. Einzig die geplante Mittagspause auf dem Land, Montag mittags hatten wir uns einfacher vorgestellt, da hier die wenigen Restaurants Ruhetag hatten oder wegen der Corona-Auflagen nur noch abends öffneten.

 

Tag 2: Beverland > Damme

Der zweite Tag führte von Bevern über den Teutoburger Wald nach Osnabrück und von da aus weiter nach Damme. Aufgrund der geplanten Höhenmeter setzten wir diese Tour mit 79km bewusst recht kurz an – vor allem da wir befürchteten, dass der Teutoburger Wald dem E-Bike Akku etwas zusetzen würde und dann die Reserven nach hinten raus eng werden würden. Im Nachhinein hätte man diese Etappe durchaus etwas länger gestalten können. Der Anstieg in den Teutoburger Wald war schnell bewältigt und so rollten wir auch schnell entlang der Denkmäler der Varusschlacht. Ein besonderes Highlight, welches wir uns in die Route für diesen Tag eingebaut hatten, war die Durchquerung des Venner Moores. Auf Komoot eigentlich ein Wanderhighlight und wahrlich kein Radweg. Wir mussten uns durch den tiefen Boden auf den Transportwegen der Torfbauern durcharbeiten, doch die Ausblicke in die Natur belohnten uns für diese Kraftanstrengung.

Tag 3: Damme > Bremen

Am dritten Tag kam dann der Regen. Bisher waren wir im Großen und Ganzen verschont geblieben, doch die Aussichten für den dritten Tag waren schlecht und so fuhren wir von morgens bis zu Ankunft durch einen anhaltenden Landregen, der diese sicher sonst schöne Etappe etwas vermieste. Wir fuhren von Damme Richtung Vechta quer über das Land nach Bremen. Dort hatten wir unser Hotel mitten in der Innenstadt gewählt, da mein Vater mir sein Bremen, wo er während des Studiums gewohnt hatte, zeigen wollte. Zum Glück hatten wir uns beide vorher mit guten Regenklamotten ausgestattet, sodass wir zwar sehr nass aber immerhin warm im Bremen ankamen. Auf der Strecke ereignete sich auch der erste Defekt. Aufgrund der sandigen Wege und matschigen Bedingungen hatte sich der Bremsbelag an meiner Vorderradbremse runtergebremst, sodass wir in Bremen erstmal einen Händler mit SRAM-Belägen finden mussten. Ein Gruß geht an dieser Stelle raus an RIHA Bikes, der uns sofort aushelfen konnte. Zu Buche standen am Ende des Tages 103km – die sicher ohne Regen deutlich mehr zu entdecken und gucken geboten hätte, als es so der Fall war.

 

Tag 4: Bremen > Glückstadt

Tag 4 war mit geplanten 120km eine der längsten Etappen, so starteten wir früh. Mein Rad war wieder mit frischen Bremsbelägen versehen, der Regen hatte aufgehört und wir waren wieder in trockenen Klamotten unterwegs. Es ging raus aus Bremen und weiter Richtung Norden. Besonders schön an dieser Strecke war die Strecke entlang am Hamme-Oste Kanal. Weiter ging es Richtung Bremervörde und dann an die Elbe, wo wir bis nach Wischhaven an den Fähranleger fahren wollten. Leider stellten wir ca. 300m Luftlinie vom Fähranleger entfernt fest, dass die letzte Brücke vor diesem Anleger nur am Wochenende in Betrieb war, sodass wir erstmal wieder 8km zurück und dann im Bogen außen rum zur Fähre fahren mussten. Nach 120km nochmal 16km Umweg waren ein kleiner Knick in der Motivationskurve aber an der Fähre angekommen, übergesetzt nach Glückstadt und nach einem guten Abendessen war die Anstrengung auch schon wieder vergessen. Unser Rhythmus in diesen Tagen war übrigens so, dass wir morgens gegen 9 Uhr losfuhren, die ersten 40km durchradelten und die zweite Pause dann so nach ca. 80km zum Mittagessen einlegten und uns dann den Schlusspart vornahmen. Mein Vater radelte den ganzen Tag bei mir im Windschatten, morgens ohne Motorunterstützung und dann meist nach dem Mittagessen mit zugeschaltetem Motor, sodass wir meist so mit 23-24kmh vor uns hin rollten.

 

Tag 5: Glückstadt > Friedrichstadt

Nachdem wir uns bisher tapfer geschlagen hatten, merkte man nun am 5. Tag doch etwas Ermüdung und auch der aufkommende Wind an der Küste machte das Gefühl nicht besser. Mit der Aussicht, dass es aber nur noch zwei Etappen waren und das Ziel spürbar näher rückte, waren wir weiter motiviert. Der fünfte Tag versprach 111km zunächst entlang der Elbe und dann am Deich an der Küste entlang über Büsum zum Eidersperrwerk und dann über Tönning nach Friedrichstadt, welches übrigens ein wirklich nettes Städtchen ist. An diesem Tag sparten wir uns die Mittagspause, da angekündigter Regen wie ein Damokles Schwert über uns schwebte und wir möglichst trocken durchkommen wollten. Ab ca. der Hälfte der Strecke fing es dann für eine Stunde an relativ kräftig zu regnen, sodass wir zügig mit wenig Pause durchfuhren. Dies führte dazu, dass mein Dad am Eidersperrwerk nach ca. 90km dann einen kleinen Hungerast hatte und wir unsere Vorräte an Riegeln und Gummibärchen aufbrauchten, um den Zuckerspiel wieder hoch zu bringen. Nach einer kurzen Pause konnte es dann mit gedrosseltem Tempo weitergehen und wir kamen sicher in Friedrichstadt an.

 

Tag 6: Friedrichstadt > Wyk auf Föhr

Auf ging es zur 6. und letzten Etappe. Noch einmal ca. 77km und dann winkte das Ziel. Primäres Ziel war die Ankunft in Dagebüll, dem Fährhafen nach Föhr – ein Blick auf die Fährzeiten verriet, dass es eine Fähre um 13.30 Uhr geben würde und dann aufgrund von Niedrigwasser die nächste Fähre aber erst um 15 Uhr fahren würde. Wenn wir zügig und ohne Probleme durchkommen würden, wäre die Fähre um 13:30 Uhr durchaus erreichbar, ansonsten würden wir in Dagebüll die Mittagspause machen und bis 15 Uhr warten. Wir fuhren los und lagen gut in der Zeit. Aber es kam wie es kommen musste: Nach 6 Tagen ohne nennenswerte Defekte hatte ich das Glück und den ersten Platten. Dank meiner zwei Ersatzschläuche konnten wir aber ohne großes Flicken schnell wieder weiterfahren. Wir fuhren die meiste Zeit direkt am Wasser vor dem Damm entlang und genossen die Aussicht. Nur die ständigen Schafgatter, die einen dazu zwangen nach ca. 1km Fahrt abzubremsen, sich durch das Gatter zu manövrieren und wieder zu beschleunigen fingen schon nach kurzer Zeit an zu nerven und nagten am km-Schnitt. Unausgesprochen waren sowohl mein Dad als auch ich motiviert die 13:30Uhr-Fähre zu erreichen und wollten nach 6 Tagen nun einfach ankommen. Doch wir waren noch längst nicht da: Zunächst erreichten wir einen Abschnitt wo der Damm erneuert wurde und wir mussten uns einen kurzen Umweg über die Bundesstraße suchen. Auf der Fahrt zur Bundesstraße hatte ich dann das Glück den zweiten Platten an diesem Tag einzufahren. Meine Reifen hatten mit den scharfen Steinen und Muschelscherben auf dem Radweg sehr zu kämpfen und waren mittlerweile mit einigen Schnitten versehen. Auch der zweite Platten war schnell mit dem letzten Schlauch geflickt und es konnte auch hier zügig wieder weitergehen. Wir konnten ab einem gewissen Zeitpunkt sowohl Föhr bereits erkennen als auch die Fähre, die bereits vom Anlieger nach Dagebüll unterwegs war. Die letzten 10km fuhren wir beide ohne ein Wort schnellstmöglich zum Anlieger und schafften es drei Minuten vor Abfahrt auf der Fähre anzukommen. Wir hatten es geschafft! 6Tage, eine großartige Erfahrung gemeinsam mit meinem Vater, viele Erinnerungen, eine großartige Landschaft in einer Gegend, in der ich bisher nicht wirklich fernab der Autobahn unterwegs war, und definitiv eine Empfehlung für jeden Reiseradler oder Bikepacker.

 

 

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